cBW 1 BW 2 Vollmacht und Vollmachtserteilung  
   

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Aufgabe 1
Zum 01.04.2009 wird Jennifer Bergfeld als neue Mitarbeiterin der Meyer & Söhne OHG eingestellt. Sie soll in der Verwaltung tätig sein und unter anderem regelmäßig für das Unternehmen Überweisungen zu Lasten des Geschäftskontos bei der Nordbank AG vornehmen.
Welche der folgenden Vollmachten muss Frau Bergfeld sinnvoller Weise mindestens haben, um eigenständig diese Überweisungen vorzunehmen?


1. Artvollmacht
2. Generalvollmacht
3. Gesamtvollmacht                                                                                                                 
4. Sondervollmacht
5. Einzelvollmacht


Lösung: Nr. 1


Aufgabe 2
Der 16-jährige Jürgen Lehmann unterhält bei der Nordbank AG ein Girokonto. Mit Zustimmung seiner Eltern ist er alleine über das Konto verfügungsberechtigt. Heute kommt Herr Lehmann mit seiner 16-jährigen Freundin Juliane Henke zu Ihnen und möchte für sie eine Kontovollmacht eintragen lassen. Mit welcher der folgenden Aussagen informieren Sie Herrn Lehmann und Frau Henke richtig?

§ 111 BGB (Einseitige Rechtsgeschäfte)
Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das der Minderjährige ohne die erforderliche Einwilligung des gesetzlichen Vertreters vornimmt, ist unwirksam. ...

1. Sie erklären Herrn Lehmann, dass hierzu die Zustimmung der Eltern von Frau Henke notwendig ist.
2. Sie tragen für Frau Henke eine Kontovollmacht ein, da Herr Lehmann als Kontoinhaber — sofern er es möchte — jeder Person eine Vollmacht erteilen kann.
3. Sie tragen für Frau Henke eine Kontovollmacht ein, da Herr Lehmann von seinen Eltern das alleinige Verfügungsrecht über das Konto erhalten hat.
4. Sie erklären Herrn Lehmann, dass hierzu die gesonderte Zustimmung seiner Eltern notwendig ist.
5. Sie tragen für Frau Henke eine Kontovollmacht ein, da Girokonten von Minderjährigen nur im Guthaben geführt werden dürfen.

Lösung: Nr. 4

 

Aufgabe 3
Ulrich Pedak ist bei der Deutsche Forfait AG beschäftigt und hat Gesamtprokura für die Niederlassung Norderstedt (Schleswig-Holstein). Die Deutsche Forfait AG unterhält noch weitere Niederlassungen an anderen Orten in Schleswig-Holstein. Der Vorstand der AG besteht aus 3 Vorstandsmitgliedern. Für die Vertretung der AG gilt die gesetzliche Regelung. Welche der folgenden Vertretungsbefugnisse hat Herr Pedak?
A) Herr Pedak kann die Hauptgeschäftsstelle der Deutsche Forfait AG in Kiel gemeinsam mit einem Vorstandsmitglied vertreten.
B) Herr Pedak ist gesetzlicher Vertreter der Niederlassung Norderstedt.
C) Herr Pedak kann die Deutsche Forfait AG, Niederlassung Norderstedt, gemeinsam mit einem anderen Prokuristen vertreten.
D) Herr Pedak darf alle Arten von Rechtsgeschäften, zu denen die Prokura ermächtigt, alleine vornehmen.
E) Herr Pedak kann die Deutsche Forfait AG, Niederlassung Norderstedt, gemeinsam mit einem Aufsichtsmitglied vertreten, auch wenn dieser nicht gleichzeitig Vorstandsmitglied ist.

Lösung: C

 

Vollmacht und Vollmachtserteilung

Die Vollmachtserteilung (= Bevollmächtigung) erfolgt grundsätzlich mittels einer einseitigen empfangsbedürftigen Willenserklärung. Diese kann sowohl gegenüber dem Geschäftspartner abgegeben werden (Außenvollmacht), als auch gegenüber dem Vertreter (Innenvollmacht).
Die Innenvollmacht kann zusätzlich mit einer Willenserklärung nach außen bekannt gemacht werden (nach außen kundgemachte Innenvollmacht, § 171 BGB). Eine Rolle spielt die Unterscheidung der verschiedenen Arten für den Widerruf der Vollmacht.
Als Vollmacht wird eine durch Rechtsgeschäft erteilte Vertretungsmacht bezeichnet. Die Vollmacht betrifft dabei die Ermächtigung zum Handeln im fremden Namen.

Voraussetzung der Vollmacht ist eine Vollmachtserteilung. Sie stellt ein einseitiges Rechtsgeschäft des Vollmachtgebers dar, welches durch eine grundsätzlich formfreie, empfangsbedürftige Willenserklärung erfolgt.

Möglich ist eine ausdrückliche oder konkludente Willenserklärung gegenüber dem Bevollmächtigten (sog. Innenvollmacht) oder gegenüber dem Geschäftsgegner (sog. Außenvollmacht).

Weiterhin gibt es die Möglichkeit, eine Vollmacht durch eine bewusste Erklärung an die Öffentlichkeit (z.B. durch öffentliche Bekanntmachung) zu erteilen.

 

 

Handlungsvollmacht (§ 54 HGB)

Prokura (§§ 48-53 HGB)

Umfang d. Vertretungs-  macht

Handlungsvollmacht berechtigt zu allen Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines derartigen (bestimmten) Handelsgewerbes gewöhnlich mit sich bringt.

Prokura berechtigt zu allen gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb (irgend)eines Handelsgewerbes mit sich bringt.

Arten

Die allgemeine Handlungsvollmacht ermächtigt zur Vornahme aller gewöhnlichen Rechtsgeschäfte einer Unternehmung, z.B. Filialleiter.
Die Art(handlungs)vollmacht berechtigt zur Durchführung einer bestimmten Art von Rechtsgeschäften, die laufend im Geschäftsbetrieb vorkommen, z.B. Kassierer.
Eine Einzel(handlungs)vollmacht berechtigt zur Ausübung eines einzelnen Rechtsgeschäftes, z.B. Azubi kauft Briefmarken für die Bank.

Einzelprokura: Eine Person wird dazu ermächtigt, alleine die Unternehmung zu vertreten.
Gesamtprokura. Die Vertretungsmacht kann nur zusammen mit einer anderen Person ausgeübt werden.
Filialprokura. Vertretungsmacht einer einzelnen Person, beschränkt auf den Betrieb einer Niederlassung

Erteilung

ausdrücklich (schriftlich/mündlich) oder stillschweigend durch Kaufmann nach HGB, den gesetzlichen Vertreter einer Handelsgesellschaft bzw. einen Prokuristen
sofortige Gültigkeit nach Erteilung

nur ausdrücklich (schriftlich/mündlich) durch Kaufmann nach HGB bzw. den gesetzlichen Vertreter einer Handelsgesellschaft
sofortige Gültigkeit nach Erteilung

Beschränkung

Beschränkungen muss ein Dritter nur dann gegen sich gelten lassen, wenn er sie kannte oder kennen musste.

Beschränkungen sind nur im Innenverhältnis gültig. Nach außen hin ist die Prokura nicht beschränkbar.

HR-Eintrag

NEIN: nicht eintragungsfähig

JA: eintragungspflichtig (deklaratorisch)

nicht erlaubte Geschäfte

nur mit besonderer Befugnis (Sondervollmacht): Veräußerung oder Belastung v. Grundstücken, Eingehung von Wechselverbindlichkeiten, Aufnahme von Darlehen u. Prozessführung.
verboten: alle Rechtsgeschäfte, die dem Prokuristen nicht erlaubt sind

nur mit besonderer Befugnis (Sondervollmacht): Veräußerung oder   Belastung von Grundstücken
verboten: dem Geschäftsinhaber bzw. dem gesetzlichen Vertreter einer Handelsgesellschaft höchstpersönlich vorbehaltene Geschäfte, z.B. Anmeldung zur Eintragung ins HR,  Unterzeichnung der Bilanz, Steuererklärung etc.

Unterzeichnung

i.V. bzw. i.A.

ppa.

Erlöschen

nur bei Handlungsvollmacht: Fristablauf. für beide geltend:
• Widerruf
• Beendigung des Dienstverhältnisses
• Tod des Bevollmächtigten
• Liquidation oder Insolvenz
• Umwandlung der Rechtsform
• kein Erlöschen bei Tod des Geschäftsinhabers